Seit mehreren Jahren beschäftigt sich der Künstler Oskar Schmidt in seinem fotografischen Werk mit der Inszenierung von Figuren, Objekten und Räumen. Er reduziert seine Arrangements stets auf das Wesentliche und perfektioniert dabei ihre Aufführung bis ins kleinste Detail. In seiner aktuellen Arbeit The American Series nimmt Schmidt den Bildern schließlich auch die Farbe und fotografiert in »ehrlichem« Schwarz-Weiß. Ausgangspunkt hierfür sind Ikonen der Fotografie- bzw. Kunstgeschichte: Aufnahmen des Fotografen Walker Evans, die er im Amerika der Great Depression in den 1930er Jahren gemacht hat. Evans bereiste als Fotograf eines bis dato einmaligen Dokumentationsprojekts im Regierungsauftrag die USA, um die Folgen der wirtschaftlichen und sozialen Misere jener Zeit festzuhalten und eine visuelle Argumentation gegen das Scheitern der Verheißung Amerikas zu konstruieren.
In einer Mixtur aus appropriation und re-enactment baut Oskar Schmidt die Kulissen aus Evans Bilder gut 75 Jahr später nach und fotografiert sie mit einer Großformat-Kamera neu. Vom verwitterten Holz über die Artefakte eines spartanischen Lebens bis hin zum Staub der dust bowl scheinen die Bilder ihren amerikanischen Verwandten zu gleichen. Und doch sind es Rekonstruktionen im Atelier des Künstlers. Studiokulissen, die im Vergleich zu ihren Vorläufern eine Variation des Arrangements oder der Perspektive beinhalten und somit auch einen Blick auf die Konstruktion von Geschichte hervorrufen.
Mit der Wiederholung historischer Abbilder entledigt sich Oskar Schmidt des nach wie vor verbreitetem Authentizitätsversprechens der Fotografie und konstruiert neue Bilder, die ihrem vermeintlichen Original standzuhalten wissen. (Thilo Scheffler)